Geschichte der THS

Abriss zur Geschichte der Theodor-Heuss-Schule

Das Jahr 1884 war ein Jahr der Modernisierung für Offenbach. Nachdem die Isenburger Grafschaft durch Entscheidung des Wiener Kongresses 1815 an das Großherzogtum Hessen Darmstadt gefallen war, profitierte die durch zahlreiche Manufakturen geprägte Stadt in der folgenden beginnenden Industrialisierung von der Teilnahme des Darmstädter Großherzogtums am Deutschen Zollverein, der ihr starken wirtschaftlichen Aufschwung und einen gewaltigen Bevölkerungszuwachs bescherte. Lebten im Jahr 1800 ca. 5.000 Menschen in Offenbach, so waren es im Jahr 1900 bereits 50.000.

Dieses rasante Wachstum ging mit der Umstellung auf industrielle, arbeitsteilige Produktion einher, die von den Mitarbeitern in den wachsenden Betrieben eine Spezialisierung verlangte. Auch in den Unternehmensverwaltungen stiegen die Anforderungen an die Berufe, so dass die Handelskammer im Jahr 1882 den Entschluss fasste, eine Schule für die kaufmännischen Lehrlinge zu gründen. Am 13. Juni 1884 war es soweit: Fast gleichzeitig zur Installation der ersten 19 Telefonanschlüsse in der Stadt, wurde im Haus Glockengasse 56, dem sogenannten „Altgräfinnenhaus“, die „Kaufmännische Fortbildungsschule der Handelskammer zu Offenbach“ gegründet.

Im Sommer begann der zweistündige Unterricht für die Anfangs 56 Schüler (Schülerinnen wurden erst ab 1909 aufgenommen) um 6 Uhr morgens, also vor der eigentlichen Lehrzeit im Betrieb; in den Wintermonaten wurden die zwei Stunden ab 20 Uhr unterrichtet.

Bereits zwei Jahre nach der Gründung war das Schulgebäude zu klein, und es erfolgte ein erster von vielen weiteren Umzügen: zunächst in die Glockengasse 45 in das Obergeschoss des Hauses eines Bäckermeisters, weitere zwei Jahre später lagerte die schnell wachsende Schule zwei Klassen in das ehemalige Pfandleihhaus der Stadt in der Schulgasse aus, um ab Mitte der 1890er Jahre den gesamten Schulbetrieb in die fast 200 Jahre alte Lateinschule in der Herrnstraße zu verlegen (das Gebäude stand mitten auf der heutigen Straße zwischen Stadtbibliothek und Haus der Stadtgeschichte).

Im „Altgräfinnenhaus“, Glockengasse 56, begann am 13. Juni 1884 der Schulbetrieb der „Kaufmännischen Fortbildungsschule der Handelskammer zu Offenbach“. Bildquelle: Offenbacher Zeitung, 1. September 1939.

Hatte die Stadt zu dieser Zeit bereits durch Mietnachlässe indirekte Zuschüsse für die Schule bereitgestellt, so stieg sie wegen chronischer Unterfinanzierung im Jahr 1902 in die direkte Finanzierung des Schulbetriebs ein; zu wichtig waren gute qualifizierte Kaufleute für den wachsenden Industriestandort. Im Jahr 1907 bekam die Fortbildungsschule nun endlich ein eigens für sie errichtets Schulgebäude im Hinterhof der Handelskammer in der Kaiserstraße 28. Die Zustände in der maroden Lateinschule ließen eine Sanierung nicht mehr zu. Die politischen Veränderungen nach dem Ersten Weltkrieg hinterließen tiefe Spuren in der Schule: 1920 wurde sie auf Basis des neuen Hessischen Schulgesetzes in die Trägerschaft der Stadt überführt, in der sie sich noch heute befindet.

Von 1938 bis zur Zerstörung am 18. März 1944 residierte die Schule im Stadthof im Gebäude der ehemaligen Oberrealschule. Bildquelle: Stadtarchiv Offenbach.

Neben der Einsetzung eines ersten hauptamtlichen Schulleiters war die 1922 neu gegründete Höhere Handelsschule eine der ersten Reformmaßnahme unter städtischer Leitung, dieser Schulzweig wurde im Schuljahr 2016/17 letztmalig unterrichtet und ist aktuell von dem Schulversuch Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung (BÜA) abgelöst, in dem auch die aktuell auslaufende Zweijährige Berufsfachschule einmünden wird (Stand 2018).

Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung im Jahr 1933 wurde der langjährige Schulleiter Dr. Gebhardt zwangspensioniert und durch einen „Parteisoldaten ersetzt“; gleichfalls wurden die Unterrichtsmaterialien im Sinne der neuen Machthaber überprüft und gleichgeschaltet. Zum gleichen Zeitpunkt erfolgte ein weiterer Umzug, da sich abermals das Schulgebäude als zu klein, so dass nun das ehemalige Stadtkrankenhaus in der Hospitalstraße (heute: Staatsanwaltschaft) umgenutzt wurde.

Dieses Provisorium hielt für fünf Jahre, als durch Umgestaltung der Offenbacher Schullandschaft im Jahr 1938 das Gebäude des ehemaligen Mädchenrealgymnasiums im Stadthof frei wurde und angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung stellte.

Von 1938 bis zur Zerstörung am 18. März 1944 residierte die Schule im Stadthof im Gebäude der ehemaligen Oberrealschule.

Diese, eigentlich auf Dauer angelegte Lösung, ging in dem großen Luftangriff vom 18. März 1944 zusammen mit großen Teilen der Offenbacher Innenstadt unter; der Schulbetrieb wurde noch bis zum Herbst des gleichen Jahres im Luftschutzbunker Jahnstraße in Bürgel notdürftig aufrecht erhalten und dann für fast zwei Jahre eingestellt.

Ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkrieges war die öffentliche Ordnung unter der Aufsicht der amerikanischen Besatzungsmacht wieder soweit hergestellt, dass die Schulen wieder eröffnet werden könnten. Von den Lehrern der Kaufmännischen Fortbildungsschule war über die Hälfte mit einem Berufsverbot belegt, aber im Jahr 1946 konnte in den beiden Obergeschossen der heutigen Albert-Schweitzer-Schule wieder unterrichtet werden. Während der Wintermonate waren die Schüler aufgefordert, Brennholz zum Beheizen der Klassenräume mitzubringen.

Das ehemalige Stadtkrankenhaus war Sitz der Schule von 1933 bis 1939. Heute ist darin die Staatsanwaltschaft untergebracht. Bildquelle: A. Keilmann.

Weder die Frage der Heizung noch der Standort konnten eine dauerhafte Lösung sein, so dass Mitte der 50er Jahre ein vorletzter großer Umzug in die Geleitsstraße 18 erfolgte: für fast zwei Jahrzehnte bot die heutige Erich-Kästner-Schule eine weitgehend angemessene Unterkunft. Dort fanden auch Veränderungen im Schulalltag statt, die bis heute stark wirken:

1961          Die Schule erhält das Recht, den Realschulabschluss zu vergeben

1966         Umbenennung in „Theodor-Heuss-Schule“ nach dem ersten Bundespräsidenten, der im Gründungsjahr der Schule geboren wurde

1968         Gründung des Beruflichen Gymnasiums (Prominentester Absolvent: Gerhard Grandke, ehem. Oberbürgermeister der Stadt Offenbach)

1972 konnte endlich das neue Schulgebäude auf dem Buchhügel bezogen werden; die Zeit der ständigen Umzüge war damit Geschichte. Bildquelle: A. Keilmann

Ende der 60er Jahre stellte sich das genutzte Gebäude erneut als zu klein heraus, so dass die Stadt Offenbach einen Neubau in Aussicht stellte. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 1971, bis 1973 zog die gesamte Schule an den heutigen Standort an der Buchhügelallee 86.

Dort entstanden weitere spezialisierte Schulformen (1984 Berufsfachschule für Fremdsprachensekretariat, 1990 Berufsfachschule für Informationsverarbeitung, 1996 Einjährige Fachoberschule Wirtschaft, 2008 Fachoberschule Gesundheit).

Der im Jahr 1999 als „Eingetragener Verein“ gegründete Kiosk „Tasty Theo“ ist schon lange nicht mehr aus dem Schulalltag wegzudenken, und mit den Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen nach dem Jahr 2011 besitzt die Schule nun endlich – zusammen mit der Käthe-Kollwitz-Schule (KKS) – eine eigene Dreifeldturnhalle. Nach Abschluss der Sanierung der KKS stehen wieder zeitgemäße Naturwissenschaftsräume zur Verfügung, und die Raumnot für die mehr als 2.000 Schülerinnen und Schüler sowie die ca. 125 Lehrkräfte hat nun ein Ende.

So sieht unsere Schule nun nach dem Erweiterungsbau und der Sanierung aus:

Prominente Schüler/innen der THS